Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 5: Vom tödlichen Eigensinn künstlicher Lebensformen

Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 5: Vom tödlichen Eigensinn künstlicher Lebensformen

Metropolis (Copyright: Universum Film/Murnau Stiftung)

Zu Beginn der 1920er Jahre manifestierten sich die noch frischen Schrecken des Ersten Weltkrieges als filmische Alptraumvisionen auf den hiesigen Kinoleinwänden. Das Übernatürliche und Böse wirkt in den Produktionen der damaligen Zeit omnipräsent. In den vorangegangenen Artikeln huschten Hexen, Teufel, Wiedergänger und Gevatter Tod an unseren Augen vorbei. Wiederholt wiesen dabei die Schattengestalten des Stummfilms Bezüge zur literarischen und kunsthistorischen Vergangenheit Europas auf, namentlich zur Schwarzen Romantik. Zum Abschluss der Themenreihe wollen wir ein letztes Mal zurückreisen, um jenen düster-romantischen Motiven nachzuspüren. Zur Abwechslung stehen diesmal keine finsteren Mächte im Mittelpunkt, die unbemerkt von außen an die Protagonisten herantreten. Vielmehr handelt es sich um von Menschenhand eigens geschaffene, künstliche Lebensformen, die in Der Golem, wie er in die Welt kam (1920) und Metropolis (1927) für Unheil und Verderben sorgen.

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Filmbesprechung: Redline (Takeshi Koike, 2009)

Filmbesprechung: Redline (Takeshi Koike, 2009)

Copyright: KAZÉ

Animes, d.h. japanische Animationsfilme, waren hierzulande lange eher eine Randerscheinung. Zwar wurde 1959 mit Der Zauberer und die Banditen schon früh ein japanischer Animationsfilm in den deutschen Kinos gezeigt, aber bis zu Akira (1988, R: Katsuhiro Otomo), der 1991 in die deutschen Kinos kam, und vor allem Dragon Ball (R: Daisuke Nishio) – eine Serie, die ab 1998 bei RTL II im deutschen Fernsehen lief – waren Animes noch nicht allzu stark im Bewusstsein der hiesigen Gesellschaft angekommen. Erst u.a. durch Dragon Ball wuchs eine ganze Generation im Kontakt mit Animes auf, da sie täglich auf RTL II liefen. Durch den Erfolg von Dragon Ball schafften es so nach und nach immer weitere Animes ins Nachmittagsprogramm der deutschen Fernsehlandschaft und auch ins Kino. Animes wurden einer breiteren Masse zugänglich. Die Geschichte der Animes in Deutschland passt sich an die internationale Geschichte der Animes an, in der Akira und Dragon Ball gleichfalls als Initialzündungen gelten. Doch noch immer nicht schaffen alle Animationsfilme den großen Sprung und werden hierzulande auch im Kino gezeigt, wie z.B. Redline (OT: Redline, 2009).

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Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 4: Der Teufel bittet zum Tanz auf Leben und Tod

Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 4: Der Teufel bittet zum Tanz auf Leben und Tod

Faust – Eine deutsche Volkssage (Copyright: Eureka!)

Nach dem vorangegangenen Exkurs ins Hexenreich klettern wir im Rahmen unserer Themenreihe nun in der Hierarchie des Bösen gen Spitze, um uns heute mit dem Spiritus Rector allen Übels – dem Beelzebub – zu befassen. Jener ultimative Verführer geistert in unterschiedlichen Darstellungsformen durch die schwarzromantische Kunst. Dementsprechend facettenreich präsentieren sich auch die davon sichtlich beeinflussten Stummfilm-Inkarnationen des Leibhaftigen. Eine Variante lieferte beispielsweise Benjamin Christensen, der im zuvor besprochenen Werk Die Hexe (OT: Häxan) nicht nur für die Regie verantwortlich zeichnete, sondern auch höchstpersönlich als gehörnter Höllenfürst für Angst und Schrecken sorgte. Im Gegensatz dazu setzten die Teufelsfiguren aus Faust – Eine deutsche Volkssage (1926) und Der Student von Prag (1913) auf ein gefälligeres Auftreten. Ihre einschmeichelnde wie tödliche Tartüfferie nehmen wir im vierten Artikel der Themenreihe Schwarze Romantik im Stummfilm ausführlicher unter die Lupe.

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Filmbesprechung: Leichen unter brennender Sonne (Hélène Cattet & Bruno Forzani, 2017)

Filmbesprechung: Leichen unter brennender Sonne (Hélène Cattet & Bruno Forzani, 2017)

Copyright: Koch Media

Kaum ein filmisches Œuvre fühlt sich derartig geschlossen und konsistent an wie das Werk von Hélène Cattet und Bruno Forzani. Sowohl inhaltlich als auch formal-ästhetisch schufen sie über die Jahre hinweg kinematographische Kunstwerke mit unverkennbarer Handschrift. Angefangen mit Kurzfilmen wie Catharsis (2001) und Chambre Jaune (2002), welche in späteren Jahren durch die stilwütig-experimentellen Spielfilme Amer (2009) und Der Tod weint rote Tränen (2013) ergänzt wurden, gelang es dem Regie-Duo Stück für Stück eine eigene filmische Ausdrucksform mit starkem Wiedererkennungswert zu entwickeln. Fester Bestandteil ihrer Arbeiten waren hierbei stets die Verhandlung (figuren-)psychologischer Prozesse sowie ein Gestus der Referentialität, der sich bisher auf Genremuster und -versatzstücke des italienischen Giallofilms konzentriert hat. Wie nun fügt sich vor besagtem Hintergrund die jüngste Regiearbeit in den filmischen Kosmos des Gespanns ein? Denn mit Leichen unter brennender Sonne (OT: Laissez bronzer les cadavres, 2017) verfilmt das Duo einen nahezu fünfzig Jahre alten, französischen Kriminalroman, der sich thematisch um einen Raubüberfall dreht und damit vertrautes Terrain allem Anschein nach verlässt. Doch tatsächlich nur auf den ersten Blick…

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Filmbesprechung: Don’t Torture a Duckling (Lucio Fulci, 1972)

Filmbesprechung: Don’t Torture a Duckling (Lucio Fulci, 1972)

Copyright: ’84 Entertainment

Im Schatten der Autobahn im Süden Italiens liegt das kleine Dorf Accendura, in dem ein Junge vermisst wird. Nachdem die Polizei zuerst einen unschuldigen Stadtstreicher festnimmt, taucht die Leiche des gesuchten Kindes auf – und darauffolgend in kurzen Abständen zwei weitere junge Opfer. Die Polizei scheint im Dunkeln zu tappen. Stattdessen machen sich das reiche Großstadtpüppchen Patrizia (Barbara Bouchet), das nach einem Drogenskandal von ihrem Vater in das Dorf geschickt wurde, und der Journalist Andrea Martelli (Tomas Milian), der im Zuge der Kindermorde mit einer Traube von anderen Journalisten in das kleine Dorf eingefallen ist, auf die Suche nach dem Täter. Sie kommen diesem immer näher und lernen über den Dorf-Priester Don Alberto Avallone (Marc Porel) dessen geistig zurückgebliebene Schwester kennen, von der sie sicher sind, dass sie eine der Taten miterlebt hat. Als diese auch noch verschwindet, müssen sich Patrizia und Andrea beeilen, bevor noch ein weiterer Mord geschieht. In einem Showdown, der unerwarteter nicht sein könnte, gelingt es ihnen schlussendlich, den Täter zu stellen.

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Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 3: Die Hexe zwischen Aufklärung und Romantik

Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 3: Die Hexe zwischen Aufklärung und Romantik

Häxan (Copyright: The Criterion Collection)

Sie braut magische Elixiere im stillen Kämmerlein, trifft sich mit ihresgleichen zu konspirativen Ritualen oder durchstreift auf einem Besen die Lüfte: die Hexe. Im dritten Teil der Artikelreihe wollen wir jener schwarzromantischen Figur und ihrer – im Allgemeinen recht spärlichen – medialen Präsenz im Kino des frühen 20. Jahrhunderts nachspüren. Abermals führt die Exkursion in die nordischen Gefilde Europas, wo abseits der deutschen Stummfilm-Industrie die wohl stärkste Verquickung von Schauerromantik und Bewegtbild existierte. Verantwortlich hierfür waren unter anderem Regiegrößen wie Carl Theodor Dreyer, Victor Sjöström und Benjamin Christensen. Letzterer wagte mit Die Hexe (OT: Häxan) (1922) ein in vielerlei Hinsicht aufregendes Experiment, das darüber hinaus mit kunsthistorischen Bezügen zur Schwarzen Romantik aufwartet.

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Filmbesprechung: Der Leuchtturm (Robert Eggers, 2019)

Filmbesprechung: Der Leuchtturm (Robert Eggers, 2019)

Copyright: Universal Pictures

Es herrscht grau. Ein jedwede Orientierung negierender Schleier verhüllt die Sicht. Nur langsam schält sich eine – zunächst nur schemenhaft auszumachende – Kontur aus dem alles nivellierenden Nebel heraus: Ein kleines Boot, welches unverdrossen den Widrigkeiten der Natur trotzt und der See auf seinem Weg Meter um Meter abringt. In der Ferne ertönt ein Nebelhorn. Zweifelsohne nicht nur ein innerdiegetisches, maritimes Warnsignal, sondern gleichermaßen auch für die Rezipienten von Robert Eggers Der Leuchtturm (OT: The Lighthouse, 2019) ein akustischer Marker, der zur Obacht gemahnt. Und dies zu Recht, denn der Regisseur von The Witch (2015) entfesselt im Rahmen seines zweiten Langfilms einen höchst intensiven Parforceritt, infolgedessen Realität und Wahnsinn beginnen, ineinander überzugleiten.

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Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 2: Der Vampir im Bann des Okkultismus

Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 2: Der Vampir im Bann des Okkultismus

Nosferatu, eine Symphonie des Grauens (Copyright: Transit Film/Universum Film)

Eine Aura des Gespenstischen und Bizarren durchdringt die Werke der Schwarzen Romantik, weshalb sie bereits in frühen Kinojahren als gestalterische Blaupausen für düstere Stimmungsbilder (Schwarze Romantik – Von Goya bis Max Ernst) dienten. Hierbei unterschied sich der Grad der kinematographischen Aneignung mitunter stark. Die Spannweite reichte von direkten Referenzen mit größtmöglicher Nähe zum anvisierten Gemälde bis hin zur rein atmosphärischen Nachempfindung der Vorlage. Kunstaffine Regisseure wie Carl Theodor Dreyer und F.W. Murnau erkannten das Potential derartiger intermedialer Verquickungen und schöpften es wiederholt aus. Der zweite Artikel der Reihe Schwarze Romantik im Stummfilm wandelt auf den Spuren des Blutsaugers. Im Fokus stehen dabei die finsteren Meisterwerke Vampyr – Der Traum des Allan Grey (1932) und Nosferatu, eine Symphonie des Grauens (1922), deren literarische Ursprünge in der gothic fiction – der englischsprachigen Ausprägung der Schauerromantik – liegen.

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Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 1: Die Melancholie des Sensenmanns

Schwarze Romantik im Stummfilm – Part 1: Die Melancholie des Sensenmanns

Der Fuhrmann des Todes (Copyright: The Criterion Collection)

„Mystizismus und Magie sind jene dunklen, dumpfen Kräfte, denen sich die deutsche Seele gern hingegeben hat.“, kommentierte die namhafte Filmhistorikerin Lotte Eisner den Hang ihrer Landsleute zum Abgründigen und Übernatürlichen. Obige Feststellung aus dem Buch Die dämonische Leinwand (1952) diente ihr als Ausgangsbasis, um die auffällige Vorliebe für düstere Inszenierungen im deutschen Stummfilm der 1920er Jahre zu erklären. Im Zuge dessen wies sie abseits des Expressionismus noch einen weiteren prägenden Einschlag im Kino des frühen 20. Jahrhunderts nach, der solch finsteres Begehren zu befriedigen vermochte: Die (Schwarze) Romantik. In dieser fünfteiligen Artikelreihe widmen wir uns der Melancholie und dem Wahnsinn, die aus schwarzromantischer Malerei und Literatur in den vornehmlich deutschen und nordeuropäischen Stummfilm hinüberschwappten.

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Filmbesprechung: Okami – Das Schwert der Rache (Kenji Misumi, 1972)

Filmbesprechung: Okami – Das Schwert der Rache (Kenji Misumi, 1972)

Copyright: Rapid Eye Movies/ Al!ve

Es ist 2003 und in den Kinos kehrt Quentin Tarantino mit dem ersten Teil seiner Kill Bill-Saga auf die Leinwände zurück. Einer Rachegeschichte gefüllt mit Zitaten und Verbeugungen vor dem asiatischen Kino der späten 60er bis frühen 80er Jahre. Im Laufe des Epos schaut die Tochter der Braut, um die sich diese Geschichte der Rache dreht, im Fernsehen den Film Shogun Assassin (1980), welcher viele der Hauptelemente von Kill Bill beinhaltet und auch eine Geschichte von Vergeltung, Blut und vom Weg durch die Hölle erzählt. Einen Weg, den man gehen muss, um sich rächen zu können. Shogun Assassin selber ist aber nur der amerikanische Zusammenschnitt der ersten beiden Teile der Lone Wolf & Cub-Filmreihe. Diese aus sechs Teilen bestehende japanische Filmreihe erzählt – wie das Manga – die Geschichte der Familie Itto, von ihrem Fall und der Suche nach Rache von Vater und Sohn.

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